Hand aufs Herz: Wie möchtest du dich fühlen? Beim Aufwachen, während des Tages, wenn du nach Hause kommst, am Abend.
A: Gestresst, ausgelaugt, niedergeschlagen und gereizt?
Oder doch lieber B: Gelassen und ruhig, vital und unbeschwert?
Um von A nach B zu kommen, braucht es eine gute Selbstfürsorge. Aber oft geht die im Alltagstrubel völlig unter, denn irgendwie gibt es immer etwas Wichtigeres, Dringenderes. Langfristig tut uns das aber ganz und gar nicht gut.
Sollte Selbstfürsorge nicht wie eine Sauerstoffmaske
im Flugzeug sein, die man sich zuerst selbst anlegt,
bevor man anderen hilft?
Sollten wir nicht täglich etwas dafür tun, damit wir uns gelassen und ruhig, vital und unbeschwert fühlen? Damit wir unsere Aufgaben leichter erledigen und aufmerksamer – und mit Freude – mit unseren Kindern bzw. unserem Partner Zeit verbringen können?
Und was mir persönlich noch wichtig ist: Sollten wir unseren Kindern nicht ein Vorbild sein und ihnen vermitteln, wie wichtig es ist, gut für sich selbst zu sorgen?
Gute Gründe, heute nichts für sich zu tun, gibt es immer: «Ich muss erst noch XY erledigen.», «Wenn ich erst mal die Erkältung los bin, dann...», «Heute fühle ich mich nicht so gut und imöchte lieber den Abend auf der Couch und vor dem Fernseher verbringen.»
Oder wir wissen einfach nicht, wie - und uns das zu überlegen, überfordert uns. Denn wir haben schon so viel ausprobiert, aber nichts hat längerfristig funktioniert.
Kommt dir das alles bekannt vor?
Es wird sich nichts in unserem Leben ändern,
wenn wir nicht etwas ändern.
Deshalb ist es wichtig, Selbstfürsorge fest im Alltag zu verankern. Sprich: Aus deinem Wunsch (Idee), dich gelassen und ruhig, vital und unbeschwert zu fühlen, muss eine Gewohnheit (Tat) werden.
Gewohnheiten sind bestimmte Handlungen, die wir so lange wiederholen, bis wir sie ganz automatisch ausführen.
Haben wir das erreicht, dann brauchen wir keine spezielle Motivation mehr und können den bewussten Entscheidungsprozess, etwas zu tun überspringen.
Dann fallen diese ewigen inneren Diskussionen weg, diese Verhandlungen, die man mit sich selbst führt, wenn es darum geht, etwas tun zu wollen, uns aber der «innere Schweinehund» sehr laut und deutlich sagt, dass er gerade jetzt ganz und gar keine Lust dazu hat.
Die Stärke von Rhythmus & Routine
Um neue Gewohnheiten zu etablieren, werden (sehr viele) Wiederholungen benötigt.
Leichter kann das fallen, wenn wir mehrere Gewohnheiten zu Routinen verknüpfen und diese in einem bestimmten Rhythmus und zu einer bestimmten Tageszeit über einen längeren Zeitraum hinweg regelmässig wiederholen.
Dann gehen uns bestimmte Handlungen «in Fleisch und Blut über» und wir können diese ausführen, ohne gross darüber nachzudenken bzw. uns «überwinden» zu müssen.
Eine Routine könnte zum Beispiel so aussehen: Ich wache am Morgen auf, gehe zur Toilette, meditiere anschliessend für 5 Minuten und trinke danach ein Glas Zitronenwasser, bevor ich unter die Dusche springe.
Solche Routinen verleihen unserem Leben Struktur und Stabilität, was uns hilft, uns sicherer und weniger überfordert zu fühlen, denn wir wissen genau, was wir wann zu tun haben.
Routinen unterstützen uns dabei, trotz hektischem Alltag
das für uns Wichtige im Auge zu behalten.
Rituale - Routinen mit Herz UND Verstand
Und dann gibt es noch Rituale, die für mich etwas anderes sind als Routinen.
Sicherlich gibt es Überschneidungen. Aber hier sehe ich den wesentlichen Unterschied: Rituale - also die Verknüpfung von mehreren (guten) Gewohnheiten - entspringen unserer Vernunft, sie sind sehr rational und zielorientiert.
Dagegen kommen Rituale «aus dem Herzen». Führen wir sie aus, dann «zelebrieren» wir uns und unsere Selbstfürsorge.
Insofern haben Rituale viel mit Selbstliebe zu tun; sie geben unseren Handlungen einen tieferen Sinn.
Hier ein Beispiel:
Ich kann auf zwei unterschiedliche Arten ein Bad nehmen:
1) Ich kann mir Badewasser einlaufen lassen und mich in die Wanne setzen. Das wäre eine Routine.
2) Oder ich kann mir Kerzen anzünden, ein bestimmtes ätherisches Öl auswählen und dem Wasser beigeben, eine beruhigende Musik im Hintergrund spielen lassen und dann ganz achtsam ein Bad nehmen, mich entspannen und den jetzigen Moment geniessen. Das wäre ein Ritual.
Schon beim Lesen kann man den Unterschied fühlen, oder?
Rituale haben etwas sehr Beruhigendes, denn sie geben uns die Gelegenheit, jede einzelne Handlung sehr bewusst und achtsam auszuführen und zu erleben.
Rituale sind kleine Helfer mit grosser Wirkung,
denn sie haben die Kraft,
für ein paar Minuten den hektischen Alltag anzuhalten.
Die (grosse) Frage ist nun, wie wir Routinen und Rituale trotz dem allgegenwärtigen akuten Zeitmangel in unserem Alltag verankern können.
Der flexible Plan für Routinen und Rituale
Wenn wir spüren, dass es (höchste) Zeit für eine Veränderung wird, dann wollen wir unseren Vorsatz so schnell wie möglich in die Tat umzusetzen. Hochmotiviert setzen wir uns ein (hohes) Ziel und stellen einen (strikten) Plan auf. Wir wollen täglich mindestens eine Stunde trainieren, meditieren, unserem Hobby nachgehen.
Das klappt vielleicht ein paar Tage, aber dann kommt uns das Leben dazwischen. Wir haben an einem Tag eben keine Stunde Zeit oder keine Energie. Unser strikter Plan stellt (über)grosse Anforderungen an uns und übt eine Menge Druck auf uns auf.
Aber Druck haben wir schon so genug. Innere Widerstände bauen sich auf. Und das Gefühl, wieder einmal versagt zu haben, stellt sich ein, weil es uns scheinbar erneut an Selbstdisziplin mangelt. Und dann geben wir auf. Was bleibt ist ein schaler Nachgeschmack.
Wie wäre es, wenn wir - statt unserem Vorsatz - nur den strikten Plan aufgeben, unser Ziel etwas herunterschrauben und uns selbst mehr Freiraum für die Umsetzung geben?
Wenn wir mehr darauf hören, was uns in diesem Moment wirklich gut tun würde statt mit eisernem Willen etwas durchzudrücken, was uns am Ende mehr Energie raubt und uns überfordert?
Der Weg ist das Ziel.
Wenn wir jeden Schritt des Weges mit Freude gehen, dann stellt sich intrinsische Motivation ein, wir kommen in den «flow». Und das macht es uns leichter, jeden Tag einen Schritt auf unser Ziel zuzugehen.
Das Ziel sollte also nicht sein, jeden Tag eine Stunde lang zu meditieren - oder in 2 Wochen X kg abzunehmen oder X km joggen zu können.
Das Ziel sollte sein, jeden Tag IRGENDETWAS dafür zu tun. Denn jede noch so kleine Tat bringt uns unserem Ziel ein Stück näher.
Wir können Mini-Routinen und Mini-Rituale über den Tag verteilen. Wir können schauen, wie viel Zeit und Energie wir noch zur Verfügung haben.
Statt einem strikten Plan zu folgen, können wir uns vornehmen, morgens und/oder mittags und/oder abends ETWAS für uns zu tun, und zwar etwas, was wir tun WOLLEN, was uns Spass macht und uns Freude bringt.
Wir können also flexibel und spielerisch Selbstfürsorge in unseren Tag einbauen. Ohne Druck. Ohne ein Übermass an Selbstdisziplin. Dafür mit Freude und Leichtigkeit.
Wenn wir klein anfangen und so bald Erfolge sehen, dann werden wir ganz automatisch mehr Zeit und mehr Energie haben, die wir in unsere Routinen und Rituale «re-investieren» können.
Neugierig geworden, wie du das spielerisch und flexibel umsetzen kannst?
Dafür braucht es die folgenden 3 Schritte:
1. Mache deine Ideen sichtbar! Überlege dir, welche Gewohnheiten, Routinen und Rituale du gern implementieren möchtest und halte diese unbedingt schriftlich fest. Ideen können lange Zeit in unseren Köpfen herumschwirren. Wenn man sie aufschreibt, dann werden sie Realität. Wir wissen wir dann genau, was wir wann tun WOLLEN und können uns unsere Vorhaben jederzeit in Erinnerung rufen.
2. Kategorisiere deine Routinen und Rituale nach Dauer und Energie-Level. Das Ziel ist es, einen individuellen Plan zu erstellen, der berücksichtigt, was wir genau jetzt brauchen und leisten können und uns zudem Raum für Spontanität und Flexibilität gibt. Ein Beispiel: Mein Ziel ist es, fitter zu werden. Dafür möchte ich meine Ausdauer, meine Muskelkraft und meine Flexibilität trainieren. Ich nehme mir vor, täglich etwas dafür zu tun. Habe ich an einem Tag nur wenige Minuten Zeit, fühle mich aber voller Energie, dann mache ich 5 Minuten lang Burpees und Liegestütze. Habe ich an einem Tag 20 Minuten Zeit, fühle mich aber erschöpft, dann gehe ich 20 Minuten lang «Power-Walken».
3. Erstelle einen flexiblen Plan Trage nun die verschiedenen Routinen und Rituale in eine Tabelle ein und hänge diese sichtbar auf. So wirst du daran erinnert, jeden Tag ETWAS zu tun und kannst anhand deines Zeitbudgets und aktuellen Energie-Level ohne grosses Überlegen und Verhandeln entscheiden, welche Routinen oder Rituale du GERN und mit Freude umsetzen möchtest.
Klingt kompliziert? Ist es nicht. Es braucht nur etwas Zeit für Brainstorming und Planung.
Wenn du gern Unterstützung dabei hättest, dann nutze das das Arbeitsblatt «Mein Wohlfühlplan», das dich Schritt für Schritt anleitet, DEINE Routinen und Rituale zu definieren und in DEINEN flexiblen Plan einzubauen.
Probiere es doch einfach mal aus!
Und nicht vergessen: Kleine Veränderungen haben grosse Wirkung!
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